Senduro CF – Das Downhill unter den Enduro-Bikes

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Es ist die Zeit der kleinen Bikeschmieden, der Visionäre und der Leute, die sich trauen etwas auszuprobieren. Auf Messen wie den Craft Bike Days kann man handgemachte Bikes bestaunen. Jetzt hatte Reichmann Engineering und MEBCarbon ihr Kooperationsprojekt auch auf dem Bikefestival Freiburg mit dabei. Wieder einen Schritt näher am Serienprodukt. Ein Traum aus Carbon und Frästeilen. Eine Vision von Vollgas-Enduro mit viel Federweg und der Möglichkeit entspannt noch selbst den Berg hinauftzutreten. Im Video stellen die beiden stolzen Papas ihr Baby vor.

Hintergrund zum Projekt

Das Bike mit dem eigenwilligen Hinterbau hatte einen Vorfahren. Aus Aluminium. Als Sven Brück von MEBCarbon und Matthias Reichmann von Reichmann Engineering in Kontakt kamen, war schnell klar, wo die Reise hingeht. Aus den ersten Prototypen entstand der hier gezeigte Vorserienrahmen. Was für die Serie noch geändert werden muss, wissen die beiden bereits und bald kann man das Bike in der ersten, kleinen Auflage bestellen.

Sven (links) und Matthias (rechts) mit dem Prototypen.

Rahmendetails

  • Federwerg: 190/190 mm

  • 3 Reach-Größen in Serie: 450, 470 und 490 mm

  • Lenkwinkel: 62,5 Grad

  • Kettenstrebenlänge in Serie: 450 mm

  • Gewicht Komplettbike: 16,5 kg

  • Preis: ca. 4.500 € für den Rahmen

Was geht da alles an diesem Rad? Bikenerds kommen aus dem Erkunden nicht mehr raus.

MEBCarbon hat die Konstruktion und Fertigung des gesamten Hauptrahmens übernommen. Um Kontaktkorrosion vorzubeugen, wählte man für die Herstellung eine spezielle Konstruktion, mit der Carbon und Aluminium niemals in Kontakt kommen. Sven hat ein eigenes Klebesystem entwickelt, um sicherzustellen, dass hier nichts schiefläuft. Auf ein individuelles Maß an Flex/Stetigkeit kann je nach Fahrergewicht eingegangen werden. Den Crashreplacement-Prozess möchte Sven revolutionieren und defekte Rohre einfach austauschen.

Von Matthias kommt die Kinematik und die Geometrie, die erstmalig mit seinem SENDuro aus Aluminium vorgestellt wurde. Sieben Gelenke mit einem modifizierten Wattgestänge. Dieses System hat die Eigenschaft, dass sich der Hinterbau um einen virtuellen Punkt dreht. Dieser Drehpunkt verschiebt sich erst langsam, was zuerst zu einer konstanten Steigerung der Progression im mittleren Federwegbereich führt. Am Ende des Federwegs nimmt die Verschiebung des Drehpunkts stark zu, was die Progression ebenso stark ansteigen lässt. Die Hinterbau-Progression lässt sich über einen Flip Chip anpassen – dadurch erhält man mehr oder weniger Progression im mittleren Bereich.

Hier zu sehen: die Hinterbau-Kennlinie des SENDuro CF.

Ein zweiter Flip Chip ist für die Tretlagerhöhe zuständig. Den kann man auch drehen, wenn man ein Mullet-Setup fahren möchte. Das hintere Rahmendreieck stammt von Matthias Downhillbike, dem RIP, welches schon in der fünften Generation unterwegs ist. Dort ist die Kettenstrebenlänge in drei Stufen verstellbar, so auch bei dem aktuelle Vorserienrahmen. Für das finale SENDuro CF wird es eine feste Kettenstrebenlänge von 450 mm geben. Da wird dann auch alles etwas leichter und der Flex wird auch noch angepasst. Das Serienbike wird mit einem UDH-Schaltauge kommen.

Hier ist noch das hintere Rahmendreieck des RIP Downhillbikes verbaut. In der Serie wird es eine feste Kettenstrebenlänge mit 450 mm geben.

Der Teufel steckt bei Matthias im Detail. Genauer gesagt im Steuersatz. Dieser bietet die Möglichkeit, exzentrisch den Gabelschaft zu klemmen. Was im ersten Moment nach einem regulären Reach-Set klingt, ist deutlich mehr. Denn man kann den Offset der Gabel um plus oder minus 4 mm verstellen. Mehr Laufruhe oder schnellerer Lenkinput? Möglich ist beides. Ein einfacher Reach-Steuersatz kann optional auch verbaut werden.

Der Virtual Pivot Headset zum verstellen des Gabel-Offsets – entwickelt von Matthias Reichmann.

Wie fährt sich das GERÄT?

Eine Probefahrt steht aktuell noch aus. Wir wissen also nur, was Matthias und Sven im Sinn hatten und in den Prototyp haben einfließen lassen. Matthias hat einen Background im Downhill und ist ein alter Hase der Szene. Das Wort „Ballern“ fällt oft im Zusammenhang mit dem, was er sich von einem Bike erhofft. Aktuelle Endurobikes haben sich bei Federwegen von 160/170 mm eingependelt. Warum nicht mehr Reserven? Umso härter kann man über Steine und Wurzeln brettern. Gesagt, getan. Mit 190/190 mm Federweg an Front und Heck, wie auch der Freigabe für eine Doppelbrücke bleibt wenig Zweifel, wie man dieses Rad bewegen sollte. Quasi eine Art DH-Bike, das sich auch noch gut bergauf treten lässt.

Das speziell optimierte Wattgestänge lädt zum Baller ein.

Die Jungs setzen auf die Federn von H&R – bekannt aus dem Autorennsport.

Sven wünschte sich für seine Hometrails ein Trailbike von Matthias. Laut ihm ist das SENDuro perfekt für seine Trailbikerunden.

Mit dem Teil trampelt man locker 1.400 Höhenmeter und guckt 1.200 Höhenmeter nur auf den Dämpfer, weil man sich wundert, dass das Teil nicht wippt.

– Sven Bruck

Strecken, auf denen es einfach nur geradeaus läuft wie auf der legendären Passage in Mount Saint Anne, gibt es in deutschen Mittelgebirgen eher wenig. Der Federweg mag hier in eine falsche Richtung weisen. Ziel war es, ein Bike zu bauen, welches noch eifrig auf den Input des Fahrers reagiert, unten heraus plüschig ist, Gegenhalt bei aktiver Fahrweise bietet und unbeeindruckt von überschossenen Landungen und Felsen ist. 

Wie geht es weiter?

Wenn alles so läuft, wie man sich das vorstellt, sollten die ersten Bestellungen ab diesem Sommer möglich sein. Preislich wird man sich bei ca. 4.500 Euro für den Rahmen bewegen. Aluminium oder Carbon bleibt dem geneigten Kunden beziehungsweise dessen Geldbeutel überlassen.

Geplant ist eine Kleinauflage mit 20 Rahmen. Auf individuelle Kundenwünsche wird eingegangen. Die Muffen werden wahlweise in Silber oder Schwarz erhältlich sein. Die Carbonrohre, mit dem silbernen „Glitzer“ Look, einem matten Finish oder wahlweise auch glänzend. Komplettbike-Konfigurationen sollen über ausgewählte Händler abgebildet werden.

Video zum Bike

 

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Autor – Jens Staudt

Größe: 191 cm

Gewicht: 87 kg

Fahrstil: Mit seinem Race-Hintergrund sind die Linien geplant, auch wenn es mal rumpelt. Wenn möglich, werden Passagen übersprungen. Die ganze Breite eines Trails sollte man nutzen. Andere würden sagen – kompromisslos.

Motivation: Ein Produkt sollte sorgenfrei und möglichst lange funktionieren. Wenn man weniger schrauben muss, kann man mehr fahren. Er bastelt gerne und schaut, wie das Bike noch optimiert werden kann.


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