MAGURA GUSTAV PRO Langzeittest

Lesezeit: 10 – 11 Minuten

MAGURA GUSTAV. Bei wem klingelts? Vermutlich einer der ältesten Namen für eine Komponente. Eine Legende. Von manchen vergessen, verteufelt und vergöttert, dann vom Hersteller in Rente geschickt, von jungen Bikern noch nie gehört und nun – auferstanden. Unter dem Namen GUSTAV PRO schickt MAGURA eine komplette Neuentwicklung ins Rennen, um Standfestigkeit, Bremspower neu zu definieren. Da Power Kontrolle braucht, stand die Dosierbarkeit ebenfalls hoch in der Prioritätenliste. Wir gaben dem neuen Gustel knapp acht Monate um sich zu beweisen und können euch nun genau beschreiben für wen diese Bremse ein guter Match ist.

Geschichte

Wenn man einem Produkt einen so geschichtsträchtigen Namen gibt, selbst wenn es eine Neuentwicklung ist, so muss man vorher die Bike-Geschichtsbücher auf den Tisch legen. 

Vor 132 Jahren gründete Gustav Magenwirth, geboren 1866, seine Firma MAGURA am Ende eines schwäbischen Tals im Städtchen Bad Urach. MAGenwirth und Bad URAch ergab den Firmennamen MAGURA. Der Tüftler und Denker Gustav setzte hiermit im Jahr 1893 den Startschuss für die Herstellung vieler Komponenten in der Motorrad- und Fahrradindustrie. Von der Tankanzeige für den VW Käfer und Komponenten für Kreidler wie auch Hercules, kam 1987 das ikonische Produkt HS auf den Markt. HS stand für Hydro-Stop und sie feierte in neongelbem Anstrich für damals unerreichte Bremsleistung ihren Siegeszug in der Bikewelt. 

1996 kam schließlich MAGURAs erste hydraulische Scheibenbremse für Fahrräder auf den Markt – die GUSTAV M. Ebenfalls in gleißendem Gelb eroberte man wieder einmal das Renngeschehen der Fahrradwelt und es rückte die komplette Familie von Gustav in Form weiterer Bremsmodelle hinterher (Marta, Louise, Julie, Clara). 

2011 schmissen die Magurianer ein letztes Mal die Produktion für den GUSTAV an. Dann war sein Schicksal besiegelt und er wurde zugunsten der MT-Serie in den Ruhestand geschickt. Dieser dauerte nur kurz und 2024 kehrt der Urvater in neuem Gewand zurück.

Was soll Maguras Gustav Pro leisten?

Die Devise von MAGURA lautet: Viel hilft viel oder auch, es kommt auf die Größe an! Größere Kolben, Bremszangen, Ausgleichsbehälter, Bremsscheiben und Beläge.

Die definierte Zielgruppe für den neuen GUSTAV: Gravity- und E-Bikes. Alles, was mehr Gewicht und lange, steile Strapazen für die Bremse mit sich bringt. Das Ziel war es, ein perfektes Zusammenspiel aus Power, Standfestigkeit und Dosierbarkeit zu erreichen. Sie soll nicht einfach nur maximal stark sein, sondern auch gut zu modulieren. 

Viele fiese kleine Steine. Gerade hier wünscht man sich eine einfache Modulation der Bremse. Mit einer sehr bissigen Bremse ohne gute Dosierbarkeit läuft man Gefahr, hier mehr zu rutschen, als einem lieb ist.

Technische Details

Die Kolben im Bremsgriff sind auf 12 mm und die in der Bremszange auf 19 mm angewachsen. Im Vergleich hat die MT7 einen 10 mm-Kolben im Bremsgriff. In der Zange befinden sich Kolben mit 17 mm Durchmesser. Durch die größeren Kolben verringert MAGURA den Druck im Hydrauliksystem beim Bremsvorgang und schafft dadurch einen Druckpunkt mit guter Dosierbarkeit.

Beim Ziehen des Bremshebels wird Druck im Hydrauliksystem erzeugt. Die sogenannte Ölsäule schiebt sich nach unten und fährt die Kolben in Richtung Scheibe. Über die Reibwirkung wird Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt. An dieser Stelle wollen wir aber nicht zu sehr ins Detail gehen. Für die Nerds und die, die es werden wollen, somit nur ein kleiner Einblick auf die Hintergründe. Hierfür möchten wir ein paar Formeln aus der Schulzeit ausgraben. Verrückt – man kann das später im Leben wirklich noch brauchen.

Das Übersetzungsverhältnis einer Bremse ergibt sich aus:

  1. Der Kolbenfläche an der Gebereinheit (Bremsgriff)

  2. Der Zangenfläche (gesamt) an der Nehmereinheit (Bremssattel)

  3. Dem Übersetzungsverhältnis

Kolbenfläche (einzeln) / Zangenfläche (gesamt) / Übersetzungsverhältnis

Schauen wir uns die GUSTAV PRO und die MT7 im Vergleich an, wenn wir die bekannten Größen der Kolbenfläche hinzuziehen:

Modell Geber-Ø (mm) Zangen-Ø (mm, je Kolben) Geberfläche (mm²) Zangenfläche gesamt (mm²) Übersetzung (Zange / Geber)
Gustav PRO 12 19 113.10 1134.11 10.02
MT 7 10 17 78.54 907.92 11.56

Was bedeuten diese Zahlen für mich auf dem Trail? Bedeutet mehr Übersetzung zwangsläufig mehr Bremskraft und ist das eine bessere Bremse? Ganz so einfach ist es nicht. Es kommen Faktoren wie der Bremsbelag und die Scheibengröße hinzu. Zusätzlich zum hydraulischen Übersetzungsverhältnis bedingt die mechanische Übersetzung (Hebellänge und Druckstück) die Bremskraft. Der alleinige Vergleich der Kolbengrößen gibt zwar einen ersten Eindruck zur Bremse, ist aber nicht der finale Wert, der die Bremskraft definiert.

Durch die größeren Kolben verringert MAGURA den Gesamtdruck im Hydrauliksystem beim Bremsvorgang. Um dieselbe Bremskraft, wie bei der MT zu erreichen, benötigt man bei der GUSTAV weniger Druck im System. Herrscht zu viel Druck im System, spreizt sich die Leitung auf – dadurch geht ein Teil des Drucks verloren, der eigentlich am Bremssattel ankommen soll, und dein Druckpunkt fühlt sich schwammig an. Dem wirkt MAGURA mit der GUSTAV PRO entgegen und das Ergebnis ist ein definierterer Druckpunkt sowie eine optimierte Modulation. Weil der Bremssattel ebenfalls größere Kolben hat, bleibt trotz des geringeren Gesamtdrucks genug Reibwirkung zum Bremsen erhalten.

Mehr ReibFläche hilft bei der Kraftübertragung auf die Beläge.

Doch das ist noch nicht alles. Die Bremsscheiben haben eine amtliche Stärke von 2,5 mm und die Bremsbeläge ein um 40 % größeres Volumen. Dadurch ist die Bremse gerade bei steilen und langen Abfahrten deutlich hitzeresistenter – das verhindert Fading. Ein weiterer Pluspunkt der dicken Scheibe ist, dass sie steifer und vibrationsarmer ist – dadurch verbiegt sie nicht so schnell bei größer Hitze und ist leiser. Die größeren Beläge bieten mehr Reibfläche, was perfekt mit den größeren Kolben im Bremssattel harmoniert. 

40 % mehr Belagsvolumen. Links ein Belag der GUSTAV PRO. Rechts ein MT7-Belag.

Dicke, stabile Anker. Die GUSTAV PRO setzt auf Bremsscheiben mit 2,5 mm Stärke.

Und damit die dicke Scheibe nirgends schleift, befindet sich auf der Innenseite ein kleiner Offset.

Mit dem Carbotecture-Bremsgriff sind sie ihrer Linie treu geblieben. Am Hebel selbst, gibt es eine Sollbruchstelle, dass man im Falle eines Crashes noch ein kleines Stück zum Bremsen übrig hat. Die Hebelposition lässt sich mittels Drehrädchen anpassen.

Die Kerbe im Bremshebel ist eine Sollbruchstelle. Im Fall eines Crashes bleibt so noch ein Stück Bremshebel übrig.

Wer sich hier anhand der reinen Nennwerte der Kolbengrößen ein Urteil erlaubt über die Bremskraft beider Systeme lehnt sich weit aus dem Fenster. Letztendlich gilt es als Entwickler für Bremsen alle Parameter harmonisch aufeinander abzustimmen. Vom VooDoo der Belagzusammensetzung möchten wir hier noch gar nicht anfangen … In Summe gilt es die Bremse ausführlich zu testen. Aber bevor wir zu unserem Testeindruck kommen noch ein paar Details zur GUSTAV PRO.

Du fährst lieber als zu schrauben?

MEHR BELAG UND SCHEIBE

Die Abstände der Wartungsintervalle sollen sich im Vergleich zu den Mitbewerbern am Markt verlängern. Durch das größere Belagsvolumen und der Verschleißgrenze von 2,1 mm der Scheibe kannst du beides länger nutzen, ohne etwas tauschen zu müssen. Die MDR-S-Bremsscheibe liegt bei 55,00 € UVP. Der organische Bremsbelag mit 30 % Metallanteil liegt bei 24,89 € UVP. Wie auch bei den MTs sind die Beläge magnetisch im Sattel gesichert und ersparen dir das lange Fummeln mit Klammern und Sicherungsstiften. Ein kleines Detail, aber sehr angenehm im Umgang mit der Bremse.

Die MDR-S-Bremsscheibe. 2,5 mm stark. Verschleißgrenze: 2,1 mm.

40 % mehr Belagsvolumen. Magnetisch gesichert.

MEHR ÖLVOLUMEN

Das Ölvolumen im Ausgleichsbehälter wurde mit 7 ml etwa verdoppelt. Mehr Ölvolumen an dieser Stelle bedeutet mehr „Fehlertoleranz“, einen gleichbleibenden Druckpunkt und weniger Wartung. Kleine Mengen Luft wirken sich nicht so stark aus, weil sie im Gesamtverhältnis prozentual einen geringeren Anteil im Volumen einnehmen.

Du fragst dich, warum der Ausgleichsbehälter verhältnismäßig groß ausfällt? Wird das Öl heiß und dehnt sich aus, hat es bei der GUSTAV PRO dank des größeren Ausgleichsbehälters mehr Platz – der Druckpunkt bleibt konstant. Weil sich weniger schnell Luft im Bremssystem bemerkbar macht, sollte es weniger oft zu entlüften sein.

EASY BLEED

Und wenn es dann doch mal dazu kommen sollte, hat MAGURA das geschickt gelöst. Für die Schnellentlüftung steckst du einfach nur die Spritze direkt in den Geber.

Vor- und Nachteil: Da du den Bremsgriff auf beiden Seiten fahren kannst, musst du eine von beiden Bremsen immer lösen und nach hinten drehen. Fährst du rechts deinen Bremshebel für die Hinterradbremse, ist dort das Loch für die Entlüftungsspritze oben – das heißt, du musst den linken Bremshebel nach hinten drehen, damit dein Entlüftungsloch nach oben zeigt.

Willst du das komplette System von unten nach oben entlüften, kannst du ebenfalls die zweite Spritze direkt in den Bremssattel stecken.

Das MAGURA-Video zum Schnellentlüften der GUSTAV PRO.

Das MAGURA-Video zum Entlüften von unten nach oben mit zwei Spritzen.

EASY LINK

Bei der GUSTAV PRO kannst du über eine simple Steckverbindung die Bremsleitung vom Bremsgriff trennen – ganz ohne Werkzeug. Egal, ob du die Erstmontage vornimmst, deine intern verlegte Bremse ins neue Bike rüber tauschen möchtest oder deinen Steuersatz, mit Zugverlegung durch diesen, erneuerst – EASY LINK spart dir Zeit und Nerven (die du im Falle der Leitungsführung durch den Steuersatz woanders brauchen kannst).

Abdeckung am Bremsgriff entfernen, Sicherungsklammer ziehen, Leitung abstecken, fertig.

Hier veranschaulicht, wie das EASY LINK-System von MAGURA funktioniert.

Ohne Ölverlust geht es allerdings nur bei der Erstmontage. Geber und Sattel kommen bereits gefüllt und die Leitung muss nur noch eingesteckt werden. Steckt man dann zum ersten Mal die Leitung in den Bremsgriff und betätigt den Bremshebel, wird im Geber eine Membran durchbrochen. Trennt man danach noch einmal das System, kann es passieren, dass ein klein wenig Öl austritt – bei Bedarf muss eine Schnellentlüftung durchgeführt werden. Ein Vorteil ist zum Beispiel, wenn man einen Defekt am Bremsgriff hat, bekommt man den Austausch-Bremsgriff bereits gefüllt und entlüftet geliefert. Bremsgriff austauschen, Leitung einstecken, weiterfahren.

Du möchtest EASY LINK auch an deiner MAGURA-Bremse? Kein Problem, dank des Anschlusssets für Bremszangen mit Banjo-Anschluss (GUSTAV, Cme, MT4 bis MT8) und M6-Anschluss (MT SPORT, MT2, MT4, MT C).

EASY TUBE TECHNOLOGY (ETT)

Mit dieser neuen Technologie lassen sich die Leitungsanschlüsse für das EASY LINK-System flexibel erstellen. Gerade für Händler interessant. Die Leitung ist als Meterware verfügbar und kann ganz individuell mit der ETT an die Bikes angepasst werden.

Hier eine Schritt-für-Schritt-Collage, wie der Leitungsanschluss bei der Erstmontage erstellt und die Leitung dann über das EASY LINK-System am Geber angesteckt wird:

SHIFTMIX ADAPTER

An der Klemme des Bremsgriffs können verschiedene Adapter für Shimano und SRAM Schalthebel sowie Dropper-Remotes befestigt werden.

Hier gezeigt mit dem MAGURA-Dropper-Remote.

Hat man keinen Hebel, der mit einem solchen Adapter kompatibel ist, wird der Platz am Lenker eng. Der große Ausgleichsbehälter versperrt mir den gewünschten Klemmbereich. Aufgrund des langen Hebels musste ich den Bremsgriff recht weit nach innen schieben. Der Schalt- und Sattelstützenhebel wanderte dann noch weiter nach innen, da ich ansonsten mit meinem Daumen daran hängengeblieben wäre. Damit sind die Hebel allerdings etwas zu weit weg – das ist mir aber lieber als daran hängenzubleiben.

BOSCH ABS

Die MAGURA GUSTAV PRO wurde auf die Nutzung mit dem ABS-System optimiert. Eine Bremse mit großem Ölvolumen eignet sich hierfür ideal. Ist die Bremse deshalb ausschließlich für E-Bikes geeignet? Wir würden sagen, nein. Es ist aber ein spannender Punkt, da E-Bikes sich aktuell in eine neue Richtung mit mehr Technologie entwickeln. MAGURA dürfte sich mit der GUSTAV hier an kommenden Bikes einen starken Marktanteil sichern.

GEWICHT GUSTAV PRO (UNGEKÜRZTE LEITUNG VON 250 cm)

Gewicht laut Hersteller: 348g


Gewicht selbst gewogen: 363g  

Maven Ultimate Gewicht laut Hersteller: 360g


Maven Ultimate Gewicht selbst gewogen: 349g

SONSTIGES

Seit kurzem ist die GUSTAV auch für den After Markt verfügbar und in einem limitierten First Edition Set für 699,90 € erhältich. Darin enthalten sind: zwei Einzelbremsen, MDR-S 2,5 Bremsscheiben, Adapter und Einzelteile zum Leitungskürzen – mit Preisvorteil gegenüber dem Einzelkauf. Die Einzelbremse soll zeitnah folgen.

MONTAGE GUSTAV PRO

Wir durften den GUSTAV direkt bei MAGURA montieren und es gibt ein zwei Dinge zu beachten, die wir hier beschreiben möchten.

Wir haben es oben bereits in der technischen Übersicht gelistet. Du bekommst zwei Teile geliefert: den Geber sowie den Sattel mit Leitung. Beides kommt bereits gefüllt und entlüftet. Bei den Hebeln gibt es kein Links oder Rechts – du kannst sie auf beiden Seiten fahren. Daher bekommst du Geber und Sattel getrennt voneinander. Wichtig ist zu beachten, dass hierfür die Leitungslänge passen muss und euer Rahmen mit interner Leitungsführung über Cable-Ports verfügt, die das Link durchlassen. Musst du die Leitung kürzen, wird ein neuer EASY LINK-Adapter benötigt. Hiervon gibt es zwei Varianten: Eine geklemmte und eine geschraubte. Für die geklemmte Version benötigt es eine spezielle Crimp-Zange. Diese ist nicht ganz kostengünstig. Es kann sein, dass dein Bikeshop um die Ecke eine solche Zange in der Werkstatt hat.

Die geklemmte Variante ist hauptsächlich für Werkstätten gedacht, dass sie schneller und effizienter arbeiten können.

Der geklemmte Adapter ist nicht viel breiter als die Leitung an sich und kann somit recht gut durch die meisten Cable-Ports geführt werden.

Für den normalen Gebrauch bekommst du einen schraubbaren EASY LINK-Adapter mitgeliefert. Den drehst du einfach in die Leitung. Nachteil, je nach Rahmen: dieser trägt etwas mehr auf und du musst speziell prüfen, ob er durch deine Cable-Ports passt, wenn du die Leitung wieder aus dem Rahmen herausfädeln möchtest. Steckt man dann zum ersten Mal die Leitung inkl. Adapter in den Bremsgriff und betätigt den Bremshebel, wird im Geber eine Membran durchbrochen. Die GUSTAV ist einsatzbereit.

TESTBERICHT GUSTAV PRO

Bitte gebt ihm Zeit! GUSTAV kommt zurück aus dem Ruhestand und möchte langsam zu seinen Höchstleistungen gebracht werden. Wir empfehlen nicht direkt auf den Trail zu starten und sich etwas Zeit zu nehmen, die 13.S-Beläge ordentlich auf der Straße einzubremsen. Entweder sucht man sich einen steilen, langen Berg oder legt ein paar Richie-Rude-Sprinteinheiten an den Tag. Legt den Einbremstag einfach mit eurem Intervall-Training zusammen. Aufgrund von technisch-bedingter geringerer Hitzeenticklung, sollte ein Verglasen der Beläge unwahrscheinlich sein.

Spoiler 1: Wir haben von MAGURA im Laufe des Tests zusätzliche Prototypen von kommenden Belägen ausprobiert. Mit den Protos verkürzte sich die Einbremszeit deutlich. Mehr dazu weiter unten.

Einbremsen erledigt. Es folgte der Haptik-Test im Stand. Bevor die Beläge an der Scheibe anliegen gilt es einen etwas längerer Leerweg zu überwinden. Der Moment in dem die Beläge an der Scheibe anliegen ist am Finger gut spürbar. Anschließend kommt ein sehr fein modulierbarer Bereich.

Ausgangsposition. Beläge liegen an. Maximaler Druckpunkt.

Wer kein Fan von Leerweg ist, benötigt hier etwas Eingewöhnungszeit auf dem Trail. Wir hatten den Bremshebel gerne leicht am Anschlag, sprich leicht gezogen. Besonders auf steilen Trails, bei denen man eher dauerhaft auf der Bremse hängt, anstatt es laufen zu lassen, lernten wir die GUSTAV PRO lieben. Man hat immer ein genaues Feedback davon wie stark der Belag an der Scheibe anliegt und ob man noch mehr Verzögerung möchte. Vergleichbar mit einer guten Kupplung am Auto.

Konstant, kontrolliert und mit viel Spielraum lies sich exakt die richtige Geschwindigkeit und der gewünschte Grip wählen.

In Harald-Philipp-Manier auf dem Vorderrad um eine Spitzekehre herumfahren? Absolut kein Problem. Leider sind diese oft nicht so nah an einer Eisdiele…

Die exakt beherrschbare Modulation gibt viel Kontrolle und Sicherheit. Für Fahrer die sich außerdem mit einer bissigen Bremse schwer tun und dabei das Gefühl haben gleich über den Lenker zu fliegen, ist die GUSTAV PRO ein sicherer Partner. Auf losem Untergrund kann das, je nach Bremsfähigkeiten, ein erheblicher Vorteil sein und den ein oder anderen Faceplant ersparen.

Die GUSTAV PRO bietet eine exakt beherrschbare Modulation, was viel Kontrolle und Sicherheit gibt – auch auf losem Untergrund.

Ist man ein Fan von kurzen, knackigen und späten Bremspunkten bei hohen Geschwindigkeiten, könnte die GUSTAV PRO zu einer längeren Eingewöhnungsphase führen.

Spoiler 2: Mit den Proto-Belägen sah das wieder etwas anders aus. Getestet haben wir noch zwei weitere Belagsvarianten – bisher nicht am Markt verfügbar – beide sind bissiger als der Standard-Belag. Wie viel Standfestigkeit darf es sein? Die mittlere Version taugte uns optimal. Mit der noch stärkeren „Race“-Variante brauchte es einen nochmals gefühlvolleren Finger und erneut etwas Eingewöhnungszeit (dafür fiel die Einbremszeit quasi weg). Einmal zu stark hineingegriffen und man steht – oder fliegt. Der Hebelweg bleibt natürlich identisch. Somit hat MAGURA für jeden Anspruch noch ein Ass im Ärmel. Man munkelt, dass diese Beläge bald im Handel verfügbar sein werden.

MAGURA bewirbt mit den Worten:

„Feinste Präzision. Ohne brutale Aggressivität.“

Das können wir so unterschreiben. Dominik Voss von MAGURA erklärte beim Montieren der Bremse: „Viele Fahrer werden durch die bessere Kontrolle und Dosierbarkeit der GUSTAV PRO Trails besser meistern können.“

Die MAGRUA GUSTAV PRO fuhren wir von September bis April. Selbst bei Temperaturunterschieden von -5 °C bis 20 °C lieferte die Bremse stets eine konstante Leistung ab. Die Bremse musste im Testzeitraum nie entlüftet werden. Selbst auf steilen und langen Trails gab es keinerlei Fading-Probleme. Das mehr an Ölvolumen, die größeren Kolben, Scheiben und Beläge tragen zu einer hohen Zuverlässigkeit bei – MAGURAs Rechnung scheint hier aufzugehen.

Alles unter Kontrolle. Yannick während der ersten Testfahrt auf den MAGURA-Trails.

FAZIT – MAGURA Gustav Pro

Kräftig aus dem Ruhestand. Dranschrauben und vergessen, weil er einfach brav werkelt. In neuem Gewand kommt der schwäbische Gustl aus dem Ruhestand. Bei MAGURA hat man sich viele Gedanken zur Funktion von Bremsen an modernen Bikes und Fahrrädern mit Motoren gemacht. Ähnlich wie ein starkes E-Bike kontrollierbar sein muss, gilt das Gleiche auch für eine Bremse. Eingewöhnungszeit ist hier je nach Vorlieben beim Hebelgefühl einzuplanen. Modulation und Standfestigkeit stehen an oberster Stelle beim GUSTAV PRO. Ausreichend Power ist da und kommende Belagoptionen versprechen noch einmal mehr für diejenigen, die auch gerne auf 220er-Scheiben setzen.

Wie geht es weiter?

Da wir in Jens’ Bikemuseum noch eine originale GUSTAV M ausgegraben haben, möchten wir es uns nicht nehmen lassen, euch davon zu berichten, wie sich der OG gegen das neue Model schlägt.

Ihr wollt mehr Tests?


Autor – Jens Staudt

Größe: 191 cm

Gewicht: 87 kg

Fahrstil: Mit seinem Race-Hintergrund sind die Linien geplant, auch wenn es mal rumpelt. Wenn möglich, werden Passagen übersprungen. Die ganze Breite eines Trails sollte man nutzen. Andere würden sagen – kompromisslos.

Motivation: Ein Produkt sollte sorgenfrei und möglichst lange funktionieren. Wenn man weniger schrauben muss, kann man mehr fahren. Er bastelt gerne und schaut, wie das Bike noch optimiert werden kann.

Autor – Yannick Noll

Größe: 178 cm

Gewicht: 75 kg

Fahrstil: Als ehemaliger Racer darf es gerne schnell und flüssig sein. Größere Sprünge und steile Rampen dürfen aber auch nicht fehlen. Das Bike ist etwas straffer und schneller abgestimmt, dass es entsprechend schnell auf Input vom Fahrer reagiert. 

Motivation: Es soll Spaß machen. Ein Bike sollte nicht langweilig, alles platt bügeln. Der Charakter darf etwas lebendiger sein. Bei der Abstimmung, wie auch beim Fahrstil. Das Produkt sollte haltbar sein und auch auf längeren Biketrips sorgenfrei funktionieren.


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